Lyme-Borreliose

Die Lyme-Borreliose ist eine bakterielle Infektionskrankheit. Sie wird durch Spirochäten des Borrelia burgdorferi sensu lato-Komplexes verursacht, die durch Zecken der Gattung Ixodes auf Menschen, Hunde und andere Tiere übertragen werden können. 

Die Erkrankung wird auch als Lyme-Krankheit (engl. lyme-disease) oder Lyme-Arthritis bezeichnet.

Die Erreger

Bakterien, Spirochäten des Borrelia burgdorferi sensu lato-Komplex. Dieser Komplex umfasst eine Vielzahl von Borrelienarten, z.B.  burgdorferi sensu stricto (Bbss), B. afzelii, B. bavariensis und B. garinii.

  • dünn, länglich, spiralförmig (0,2 μm x 25 μm)
  • sichtbar bei Dunkelfeldmikroskopie oder Phasenkontrastmikroskopie
  • können außerhalb von Zecke / Wirt nicht in der Umwelt überleben

Nüchterne Zecke

Die Borrelien befinden sich im Mitteldarm. 

Zecke während der Blutmahlzeit

Durch den Kontakt mit Blut kommt es bei den Borrelien zu einer Herunterregulation von dem Oberflächenprotein OspA und zur Hochregulation von dem Oberflächenprotein OspC.

Ist das Ospc hochreguliert, können die Borrelien durch die Darmwand zu den Speicheldrüsen der Zecke wandern.


Taxonomie

Borrelia spp. (mindestens 52 Arten):

  • Lyme-Borrelien (B. burgdorferi s.l.)
  • Rückfallfieber-Borrelien
  • unbestimmte Borrelien

Lyme-Borrelien (B. burgdorferi s.l.):

  • B. burgdorferi s.s.: mindestens 30 Stämme, Amerika, Europa, Asien
  • B. garinii, B. bavariensis: Europa, Asien
  • B. afzelii: Europa, Asien
  • und andere Borrelienarten

Die Vektoren - Ixodes-Zecken

Als Vektor von Borrelia burgdorferi sensu lato gelten hauptsächlich Schildzecken der Gattung Ixodes. Für I. affinis, I. angustus, I. hexagonus, I. pacificus, I. persulcatus, I. ricinus und I. scapularis ist die Übertragung von Borrelien nachgewiesen.  Auch andere Zecken können Vektoren sein, aber noch nicht bewiesen. Die geografische Verbreitung der Zecken nimmt kontinuierlich zu.

 

Ixodes-Zecken leben in Wäldern, ländlichen, vorstädtischen, teils halbstädtischen Gebieten in gemäßigten Breiten mit höherer Luftfeuchtigkeit. Sie klettern in der Vegetation, sitzen und warten auf einen Wirt. Diese Lauerstellung wird als Questing bezeichnet. 

 

Der Lebenszyklus von Ixodes-Zecken dauert 2-3 Jahre. Sie können sich in jedem Entwicklungsstadium mit Borrelien infizieren und Wirte bei jeder Blutmahlzeit infizieren, auch bei unterbrochener Blutmahlzeit. Ihre Größe variiert in Abhängigkeit vom Entwicklungsstadium von 0,5 mm (Larve) bis zu 3 mm (nüchterne, weibliche adulte Zecke).

 

Die Infektionsrate von Zecken erreicht an Brennpunkten in den USA bis zu 63% und in Europa bis zu 75%. In endemischen Gebieten trägt durchschnittlich eine von drei Zecken Borrelien in sich.

 

Zecken sind oft nicht nur mit Borrelien, sondern auch mit anderen Pathogenen ko-infiziert. Besonders häufig mit Rickettsia spp., aber auch anderen Borrelien, Bartonella spp., Anaplasmatacea und anderen. Ko-Infektionen verkomplizieren und verschlimmern das Krankheitsbild. 

Der Hund als Wirt

Hunde können sich genauso wie Menschen mit Borrelien infizieren. Hunde haben durch ihr Verhalten ein hohes Infektionsrisiko. Nach einem Zeckenbiss und Infektion mit Borrelien versucht das Immunsystem die Borrelien abzutöten, die wiederum einen Fluchtmechanismus entwickeln, um sich zu vermehren und zu verbreiten.

 

Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass das Risiko einer Borrelien-Übertragung durch Ixodes-Zecken innerhalb der ersten 24-48 Stunden nach Anheftung sehr gering ist. Diese Annahme ist falsch, denn wenn die Zecken bei Anheftung schon teilweise vollgesogen sind, befinden sich die Borrelien bereits in der Speicheldrüse. Die Übertragung findet deutlich schneller statt.

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Die Erkrankung beim Hund

Bei der Lyme-Borreliose gibt es frühe, mittlere und spät auftretene Symptome. Einige sind häufig, andere atypisch oder selten.

Da häufig der Startzeitpunkt der Infektion, der Zeckenbiss, nicht sicher ist, ist die Unterscheidung der frühen von späteren Symptomen meist schwierig. Die Ausprägung der klinischen Symptome hängt von den Borrelien und den individuellen Faktoren des Hundes ab.

Der zeitliche Ablauf der Infektion

Zu den häufig und früh und dann auch spät auftretenden allgemeinen Symptomen zählen 

  • Schwäche
  • Müdigkeit
  • reduziertes Allgemeinbefinden
  • leichtes bis mäßiges Fieber
  • Bewegungsunlust
  • Anorexie
  • Gewichtsverlust

Zu den häufig und früh und dann auch spät auftretenden orthopädischen Symptomen zählen

  • Lahmheit eines oder mehrerer Beine in meist 2-5 Schüben innerhalb weniger Wochen
  • Gelenkschwellung an einem oder mehreren Beinen (Mono- oder Oligoarthritis)
  • Lymphknotenschwellung

Diese frühen Symptome werden oft übersehen, da sie innerhalb weniger Tage auch ohne Behandlung abklingen. 

Die gleichen Symptome können auch spät, d.h. Wochen bis Monate nach der Erstinfektion auftreten.

Zu den atypischen und spät auftretenden Symptomen zählen die renalen Symptome

  • periphere Ödeme
  • Körperhöhlenergüsse
  • Erbrechen
  • Labor: Azotämie, Proteinurie

Zu den seltenen und mittel bis spät auftretenden Symptomen gehören die kardialen Symptome

  • Arrhythmie
  • blasse Schleimhäute
  • Pulsdefizit
  • verzögerte kapilläre Rückfüllzeit

Neurologische oder muskuläre Manifestationen der Borreliose sind bei Hunden bisher nicht gut dokumentiert.

Die Diagnose

Viele der häufigen Symptome kommen auch bei anderen Krankheitsbildern vor. Ko-Infektionen, die häufig vorkommen, können die klinischen Symptome der Borreliose verschlimmern und die Diagnose erschweren. 

 

Der Verdacht auf Borreliose erhärtet sich bei

  • Zecken-Exposition
  • Klinische Zeichen der Borreliose
  • Ausschluss anderer Ursachen
  • Positive Testergebnisse

Klinisch lässt sich die Borreliose nicht beweisen, denn die meisten Symptome sind unspezifisch. Zur Diagnose werden Testverfahren herangezogen. Kein Verfahren gilt derzeit als Goldstandard, aber der inderekte Nachweis der Borrelien gilt aktuell als der beste Ansatz.

Serologische Testverfahren (Indirekte Testverfahren)

Quantitativer C6-ELISA: Sensitivität und Spezifität, quantitativ, Unterscheidung natürliche Infektion vs. Impfung möglich, wenn Impfhistorie bekannt. Der Test gibt keine Vorhersage für klinische Erkrankung. Leistet als einziger Test eine Beurteilung im Follow-Up. 

Elisa von Voll-Lysat: Mangel an Spezifität. Es sind meistens weitere Test erforderlich. Quantitativ.

Immunblot (Western Blot, IA): Sehr spezifisch, Semi-quantitativ, die Unterscheidung zwischen einer natürlichen Infektion vs. Impfung ist möglich, die Unterscheidung zwischen akuter und chronischer Erkrankung ist möglich.

Serologie zum Nachweis von OspA, OspC und OspF: Mangel an Spezifität, quantitativ, die Unterscheidung zwischen einer natürlichen Infektion vs. Impfung ist möglich, die Unterscheidung zwischen akuter und chronischer Erkrankung ist möglich, da OspC früher auftritt als OspF.

Was bedeutet der Nachweis von Antikörpern?

Werden bei einem Hund Antikörper nachgewiesen, dann gab es eine frühere oder gibt es eine bestehende Infektion. Der Nachweis sagt aber nichts über die Entwicklung klinischer Symptome aus.

Direkter Erregernachweis

Borrelien-Kultur: Der kulturelle Nachweis dauert bis zu vier Wochen, ist schwierig, das die Borrelien schwer zugänglich sind.

Borrelien-Nachweis in Blut oder Gelenkflüssigkeit: Sehr schwierig, da die Spirochätämie vorübergehend ist oder nicht stattfindet.

PCR: Verfahren unterscheidet nicht zwischen lebenden und toten Bakterien, häufig falsch negative Ergebnisse, da Spirochätämie vorübergehend oder nicht vorhanden, auf Haut schwer nachweisbar, in Synovialflüssigkeit schwankend

Erstes Testergebnis (Quantitativer C6-Assay) positiv, was nun?

Testergebnis positiv, Hund hat aber keine klinischen Symptome:

  • Proteinurie testen = < 0,5, dann Proteinurie überwachen
  • Proteinurie testen = > 0,5 und anhaltend, weitere Ursachen ausschließen, ggf. Behandlung

Testergebnis positiv, Hund zeigt orthopädische Symptome: 

  • Andere Ursachen für orthopädische Symptome ausschließen
  • Proteinurie testen
  • Behandlung einleiten
  • Versuch der Reduzierung oder Beseitigung der klinischen Symptome

Testergebnis positiv, Hund zeigt Symptome einer glomerulären Erkrankung:

  • Proteinurie testen
  • Azotämie prüfen
  • Hypertension prüfen

Die Therapie

Antibiose

  • Doxycyclin:
    10 mg/kg KGW 1 x täglich p.o. oder 5 mg/kg KGW 2 x täglich p.o. für 28 - 31 Tage
    Erste Wahl, wenn Verdacht auf Ko-Infektion, aber gastrointestinale Nebenwirkungen möglich
  • Amoxicillin:
    20 mg/kg KGW 3 x täglich p.o. für 28 - 31 Tage

Alternative Antibiotika

  • Minocyclin:
    12 mg/kg KGW 2 x täglich oder 25 mg/kg 1 x täglich für mindestens einen Monat
    keine Veterinärzulassung
  • Azithromycin:
    25 mg/kg KGW 1 x täglich für mindestens einen Monat
    keine Veterinärzulassung
  • Cefovecin: 8 mg/kg KGW s.c. über drei Wochen, kann einmalig wiederholt werden

Schmerzmanagement

Bei orthopädischen Beschwerden kommen NSAIDs zum Einsatz. Bei Nephritis kommen eventuell auch Kortikosteroide in entzündungshemmenden Dosierungen zur Anwendung.

Die Prognose

Bei den meisten Hunden können die klinischen Zeichen behoben werden. Manche infizierten Hunde bleiben es und zeigen keine klinischen Zeichen.

Auch geheilte Hunde können sich erneut infizieren. Auch eine Reaktivierung des Pathogens ist möglich.

Hunde, bei denen die Niere beteiligt ist, haben eine schlechtere Prognose und versterben häufiger.

Die Prophylaxe

Zeckenprophylaxe

Möglichst 2 x tägliche mechanische Entfernung von Zecken.

 

 

Produkte mit repellierenden und akariziden Wirkstoffen bieten den besten Schutz vor durch Zecken übertragenen Krankheiten. 

 

Impfung

Eine Impfung kann das Risiko einer Infektion verringern, aber nicht komplett ausschließen. Ein hochwirksamer Schutz ist in Europa schwer zu erreichen, da verschiedene Spezies für die Borreliose verantwortlich sind. Eine strenge Risikobewertung des Patienten sollte vor der Impfung stattfinden.

Links und weiterführende Literatur

#Borreliose

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